Daniel Behringer, Scratch-Golfer und Blogger (Instagram: mr.danielgolf)
Scratch-Golfer ist jemand, der auf jeden beliebigen Golfplatz Par oder besser spielen kann.
Daniel Behringer hat Anfang 2024 seinen Management-Job gekündigt und eine Saison lang wie ein Profigolfer gelebt und trainiert. Innerhalb weniger Monate hat er sein Handicap auf 0 reduziert. Wie er das geschafft hat und welche Tipps er ambitionierten Golfern geben würde, das und einiges mehr hat er mir auf einer Runde Golf erzählt.
Daniel, wann und wie bist Du eigentlich zum Golfen gekommen?
Durch meine Eltern. Ich habe 2004 im Alter von 9 Jahren zusammen mit meinem Bruder an einem Schnupperkurs teilgenommen und anschließend meine Platzreife gemacht. Dabei hat mich das Golfvirus quasi infiziert. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie mich meine Mutter täglich nach der Schule zum Golfplatz gefahren hat und ich eimerweise Bälle auf das Übungsgrün geschlagen habe. Davon profitiert mein kurzes Spiel noch heute.
Wie ging Deine golferische Reise weiter?
Nach einigen anfänglichen Erfolgen habe ich an einem Sichtungslehrgang des Bayerischen Golfverbands teilgenommen und mich in den Kader gespielt. Um meine anderen beiden Sportarten Tennis und Skifahren weitertreiben zu können, habe ich mich gegen die Aufnahme entschieden. Es war gar nicht so leicht, alles unter einen Hut zu bekommen. Im Sommer lag der Fokus auf Tennis und Golf, im Winter bin ich Skirennen gefahren und habe Tennis gespielt. Trotz meiner anderen Sportarten habe ich es geschafft, jährlich zahlreiche Golfturniere zu spielen und mich stetig verbessern zu können. Nach meinem Abitur im Jahr 2013 bin ich von München nach Passau gezogen, um dort Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Parallel zu den ersten Semestern habe ich intensiv Golf gespielt und konnte weitere Erfolge verzeichnen. Nach einem Auslandssemester in den USA habe ich mich 2016 aktiv dazu entschieden, den Fokus auf mein Studium und später dann auf meine berufliche Karriere zu legen. Entsprechend habe ich das Trainingspensum stark reduziert, kaum noch Turniere gespielt und Golf primär als Hobby gesehen.
Du bist Anfang letzten Jahres einen mutigen Schritt gegangen und hast Deinen Job gekündigt, um 100% Deiner Zeit dem Golfen widmen zu können. Wie kam es dazu und was hat Dich an der Challenge gereizt?
Wie bereits beschrieben, habe ich in meiner Jugend mehrere Sportarten auf einem hohen Niveau parallel betrieben, den Fokus aber nie komplett auf eine Sportart gelegt. Daher habe ich es bisher nie gewagt, Profi zu werden. Ich habe mir in den letzten Jahren des Öfteren Gedanken darüber gemacht, wie mein Weg wohl verlaufen wäre, wenn ich mehr Zeit ins Golfen investiert hätte. Daher wollte ich herausfinden, wie weit ich kommen kann, wenn ich meine verfügbare Zeit vollständig dem Golfen widme. Da ich mir beruflich eine solide Basis aufgebaut habe und mein Projekt aus eigenen Mitteln finanzieren konnte, hielt mich nichts mehr davon ab zu starten.
Du hast Dich innerhalb kürzester Zeit in den Kreis der Scratch-Golfer gespielt. Wie hast Du das geschafft und was waren die Herausforderungen?
Aufgrund meiner längeren Turnierpause und der Umstellung auf das World Handicap System habe ich mir nach meinem Wiedereinstieg 2023 ein Handicap von 4 erspielt. Damit bin ich in die Saison 2024 gestartet und habe mich in weniger als sieben Monaten auf 0 runtergespielt. Geschafft habe ich das mit einer großen Dosis an Ehrgeiz und Disziplin, einem kompetenten Team, bestehend aus Schwungtrainer, Mentaltrainer, Physiotherapeutin und den Grundlagen aus meiner Jugend. Mein solides kurzes Spiel hat mir definitiv geholfen, gleichzeitig musste ich intensiv an meiner Technik arbeiten, um kleinere “Fehler”, die sich während meiner “Golfpause” eingeschlichen haben, auszubügeln. Die größte Herausforderung waren die zahlreichen neuen Schwunggedanken, die sich durch die Schwunganpassungen entwickelt haben. Damit musste ich mein straffes Turnierpensum bestehend aus Clubturnieren, internationalen Amateurturnieren und der Q-School für die Pro Golf Tour bestreiten, was nicht immer leicht war.
Was würdest Du ambitionierten Golfer raten, die ebenfalls ein Handicap von 0 erreichen möchten?
Wer Scratch-Golfer werden möchte, sollte sich aus meiner Sicht auf drei Dinge fokussieren:
Fairways und Grüns zu treffen ist die Basis für niedrige Scores. Vom Fairway aus lassen sich Grüns in den meisten Fällen deutlich leichter anspielen, da der Ballflug und Spin im Vergleich zu anderen Lagen bestmöglich kontrolliert werden kann. Um die Fairwaytreffer Quote zu erhöhen, sollte an einigen Bahnen die Schlägerwahl überdacht werden. Der Driver ist gegebenenfalls nicht immer die beste Wahl beziehungsweise wird gar nicht benötigt. Tipp: überprüft eure Schlägerwahl und entscheidet euch den Gegebenheiten entsprechend für einen Schläger, mit dem ihr den Ball sicher auf dem Fairway platzieren könnt. Um mehr Grüns zu treffen, ist es oftmals ratsamer nicht direkt die Fahne anzugreifen, sondern den Ball Mitte Grün zu platzieren. Je länger das Eisen, desto höher ist in den meisten Fällen die Varianz. Tipp: attackiert Fahnen nur, wenn ihr euch relativ sicher seid, dass der Ball nahe am Stock landen wird. Meine Faustregel lautet: wenn ich mir nicht zu 80% sicher bin, ziele ich Mitte Grün.
Kurzspiel und Putten - sowohl beim kurzen Spiel (Chippen und Pitchen) als auch beim Putten lassen sich mit gezieltem Training einige Schläge pro Runde sparen. An Trainingstagen habe ich in der Regel mehr als 70% meiner Zeit im Kurzspielbereich und auf dem Puttinggrün verbracht. Tipp: versucht immer Wettkampfsituationen zu trainieren. Sprich, setzt euch für jeden Drill Ziele, die ihr erreichen müsst, bevor ihr mit der nächsten Übung fortfahren oder das Training beenden könnt. Dadurch trainiert ihr unter Druck Leistung abzuliefern, was euch in jeder Turnierrunde zu Gute kommt.
Geduldig bleiben und nichts erzwingen! Um sich die bestmögliche Chance auf niedrige Scores zu geben, muss man lernen, geduldig zu bleiben. Wenn es zu Beginn einer Runde noch nicht komplett läuft, bedeutet das nicht, dass der finale Score zwingend “schlecht” ausfallen wird. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass ich einige meiner besten Runden sogar mit einem eher mittelmäßigen Start gespielt habe. In solchen Situationen bin ich geduldig geblieben und habe mir hinten raus gute Chance erspielt, die ich anschließend genutzt habe. Tipp: führt eine mentale Scorekarte. Hierfür legt ihr euch zu Beginn der Runde 2-3 Ziele fest, die ihr zu 100% selbst kontrollieren könnt. Ziele könnten beispielsweise sein, dass ihr eure Schlagroutine bei jedem Schlag durchführt oder dass ihr jeden Ball mit 100% Commitment spielt. Nach jedem Loch bewertet ihr eure Performance auf einer Skala von 0-10. Dieses Vorgehen führt dazu, dass der Fokus weg vom eigentlichen Ergebnis (Score), den ihr nicht selbst in der Hand habt, hin zu euren Zielen, die ihr wiederum selbst beeinflussen könnt, gelenkt wird. Dadurch gebt ihr euch die bestmögliche Chance, gute Ergebnisse abliefern zu können.